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Vorbemerkung


Von Johann Habla

"Berühmte Dahenfelder (Folge xyz)" - unter dieser Überschrift veröffentlicht DAHENFELD.DE seit Jahren in unregelmäßigen Abständen und mit zunächst recht willkürlicher Nummerierung Presseberichte, in denen Dahenfelder/innen eine besondere Rolle spielen. Noch sind nicht alle Dorfbewohner in dieser Reihe vertreten, aber doch erstaunlich viele. Und fast möchte man meinen, dass die Dahenfelder besonders interessante Berufe ausüben. Wie sonst erklärt sich, dass mit Thomas Lautenschläger, Ertan Pelivan und nachfolgend Birgit Hesse das kleine Dahenfeld in jüngster Zeit gleich drei Mal in der Serie "Die Reportage" der Heilbronner Stimme vertreten ist? Birgit Hesse wird übrigens schon zum zweiten Mal in der Heilbronner Stimme vorgestellt!

Der tägliche Blick nach Hollywood


Von Uwe Ralf Heer

Das feine Surren ist das einzige Geräusch, das in dem abgedunkelten, schmalen Raum zu hören ist. Es klingt, als würde eine Nähmaschine sanft vor sich hinrattern. Über mehrere Spulen wird das Filmband transportiert. Birgit Hesse schaut durch den kleinen Guckkasten in den Kinosaal und auf die Leinwand. Der Film läuft, die Besucher blicken gebannt nach vorne, wo gleich das Unheil seinen Lauf nehmen wird: "2012", der neueste Weltuntergangsschocker von Roland Emmerich läuft in wenigen Minuten im größten der sieben Kinosäle an. Bild und Ton passen - die Filmvorführerin ist zufrieden.

Seit 28 Jahren arbeitet die Neckarsulmerin in den Jaeger-Kinos. Viele Jahre an der Heilbronner Allee, danach im Shoppinghaus und seit 1997 im Cineplex in Neckarsulm. "Angefangen habe ich als Platzanweiserin. Dann wurde ich gefragt, ob ich nicht Filmvorführerin machen möchte", erinnert sie sich. Nach einer Schulung war der Jobwechsel perfekt.

Sie ist verantwortlich für alle sieben Kinosäle - da bleibt keine Zeit für Romantik. "Einen ganzen Film kann ich von hier oben aus nicht ansehen." Wer täglich den Blick durchs Guckloch nach Hollywood hat, den zieht es in der Freizeit nur noch selten ins Kino - selbst wenn der Eintritt frei ist. "Drei- bis viermal im Jahr schau' ich mir im Kino einen kompletten Film an", sagt die Filmvorführerin, die mit einigen Schauspielerinnen eines gemein hat: Ihr Alter will sie partout nicht verraten. "Das interessiert doch wirklich keinen", sagt sie und lacht dabei herzhaft. Kleine Geheimnisse müssen sein. Auch beim Gehalt. "Nein, das verrat' ich nicht."

Schon am Abend zuvor wurden alle Filmrollen eingelegt - ein schweißtreibender Job für die resolute Frau. Egal, welche künstlerische Qualität ein Kinofilm hat, gewichtig ist er allemal: Bis zu 40 Kilo wiegen die riesigen Filmrollen. "Das Einlegen ist ganz schön anstrengend", erläutert die Cineplex-Mitarbeiterin, die nach dieser Kraftanstrengung Kinoträume per Knopfdruck wahr macht.

Über den Ausgleichsgalgen läuft der Filmstreifen Richtung Projektor. (Foto: Jürgen Kümmerle)
Foto von Birgit Hesse bei der Arbeit


Film ab: 80 000 Mark kostete vor zwölf Jahren jedes der sieben Abspielgeräte. 24 bis 25 Bilder werden pro Sekunde eingelesen. Nächste Etappe des Kinotags. Um 15 Uhr wird es für Birgit Hesse stressig. In vier verschiedenen Kinosälen hebt sich der Vorhang. Im Laufe eines Tages legt sie jede Menge Kilometer auf ihrer Kommandozentrale hoch über den Kinos zurück. Ein Arbeitsplatz, der an die Brücke auf einem Schiff erinnert - sieht man von den Filmplakaten an den kahlen Betonwänden ab. "Ein wenig gemütlich soll es ja sein, wenn's schon keine Fenster gibt", sagt sie und eilt von einem Projektor zum nächsten. Film ab. Michael Jackson tanzt, das Rentier Niko schaut liebevoll, Wickie lässt Kinderherzen höher schlagen, und Roland Emmerich legt mal wieder weite Teile der Welt unter mächtigem Getöse in Schutt und Asche. Action am Fließband. "Da hat man gar nicht die Zeit, sich was stundenlang anzuschauen", erzählt sie. Zumal es schon 15 Minuten später weitergeht. Jetzt startet "Disney's Weihnachtsgeschichte" im 3-D-Format. Auf dem schmalen Gang hetzt die Chefin der Filmrollen zum nächsten Projektor, der Kino 3 bespielt. Hier beginnt zeitgleich der Film "Love Happens". Ein Blick auf die große Apparatur, die letzte Kontrolle der Spulen und dann wird der Startknopf gedrückt. Ob es in der 109-minütigen Liebesgeschichte zwischen dem verwitweten Autor und der Floristin zum Happy End kommt? Birgit Hesse ist es egal. Solche Filme sind nicht ihr Geschmack.

Außerdem hat sie keine Zeit zum Zuschauen. Eine Vorführerin, sieben Kinos, jede Menge Arbeit. "Aber Spaß macht es hier, ich bin mein eigener Chef." Dabei ist es nicht nur mit dem Filmeinlegen getan. Ganz am Ende des Raumes hat sie sich ein Schnittstudio eingerichtet. Es ist dunkel, nur eine kleine Schreibtischlampe sorgt für den passenden Durchblick. Birgit Hesse schneidet die Werbefilme zusammen, verbindet sie und klebt die so entstandene Filmrolle direkt vor die Vorschautrailer und den Hauptfilm. Digitale Schnitttechnik - Fehlanzeige. Hier zählt einzig Handarbeit - wie seit vielen Jahren. "Man muss exakt aufpassen. Denn es gibt Vorschaufilme, die dürfen erst ab 18 Uhr gezeigt werden", erklärt sie.

Mittwochs ist Schneidetag: In Handarbeit fügt Birgit Hesse die Werbefilme zusammen und klebt die Negative direkt vor den Hauptfilm.
Foto von Birgit Hesse bei der Arbeit.


Werbefilme haben es ihr angetan. Die von früher vor allem. Sie schwärmt vom einsamen Reiter in den Marlboro-Filmen oder der Sommer-Action am Strand in den Langnese-Trailern. Träumen ist erlaubt. "Kino ist immer noch eine ganz besondere und spannende Welt", sagt die Neckarsulmerin.
 
Natürlich hat auch sie Lieblingsstreifen. Beispielsweise alle HP-Filme. HP-Filme? So nennt sie die "Harry-Potter"-Serie. Hoch im Kurs steht auch die "Herr der Ringe"-Trilogie. Und ihre Lieblingsschauspieler? "Sandra Bullock und Brad Pitt find ich toll."

Heute stehen andere Stars im Mittelpunkt. Um 20 Uhr beginnen zeitgleich fünf Filme. Brad Pitt ist diesmal nicht zu Gast in Neckarsulm. Gespielt wird statt dessen unter anderem "All inclusive". Eine Komödie, in der ein Traumurlaub die Beziehung eines Pärchens retten soll. Da schmunzelt die Filmvorführerin und lehnt sich hinter der Hollywoodfassade zurück.

Zeit zum Verschnaufen. Ein kleiner Fernseher steht auf ihrem Schreibtisch, darüber hängen sieben Monitore, mit denen sie die Kinosäle überwacht. "Die Kontrolle gehört zum Job. Ich führe auch Wartungsarbeiten durch", erzählt die emsige Nachtschichtarbeiterin und schwärmt von technischen Entwicklungen. Birgit Hesse erläutert, wie 24 bis 25 Bilder pro Sekunde vor dem digitalen Computer-Auge des Projektors vorüberhuschen und verrät, dass die Technik im Cineplex im Jahr 1997 zwölf Millionen Mark gekostet hat - 80 000 Mark mussten allein für jeden Filmprojektor investiert werden.

"Wenn man denkt, dass bei uns die Karten zwischen 5,50 Euro und acht Euro kosten, dann ist das wirklich ein preiswertes Vergnügen. Vielleicht haben wir deshalb derzeit so viele Besucher", sagt sie. Ihre Chefin Karoline Jaeger schmunzelt und fügt hinzu: "Wenn man alle Kosten abzieht, dann bleiben den Inhabern der Kinos pro Karte gerade mal drei Cent an Erlösen."

23 Uhr - die "Männerherzen" lassen die Herzen der späten Kinogänger höher schlagen. Birgit Hesse legt den letzten Film des Tages ein und startet ihn. Geschafft. Der Rest ist Routine.

Kurz nach 1 Uhr. Feierabend. Feierabend? Noch nicht. Jetzt beginnt die Vorbereitung für den nächsten Kinotag. Mit geübten Handgriffen bedient sie den Filmteller und zieht den Filmstreifen über die kleinen Rollen am Ausgleichsgalgen in den Projektor. "Das geht automatisch." Muss es wohl auch um diese Zeit.

Zuhause ist die Lust aufs Filmeschauen nicht mehr groß. Obwohl sie auch hier ein kleines Kino ihr eigen nennt: An der Decke hängt ein Beamer, vorne sorgt eine Leinwand für Kinogefühle im Wohnzimmer. Einmal Filmvorführerin, immer Filmvorführerin.

Bericht in der Heilbronner Stimme vom 23.11.2009

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Letzte Änderung:

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